Goethe für Einsteiger

Wie ich Goethe kennen Lernte:

1952 geboren, war ich 16, als man das Jahr 1968 schrieb. Goethe stand auf dem Lehrplan, kam aber nicht vor: Brecht Enzenberger; Weiss, ja, mit denen wollten wir uns zur Not befassen,wenn wenn Literatur schon sein mußte. Lyrik? Höchstens ein Vers von Mao - Tse - Tung.

Aber Goethe? Der Gegner der französischen Revolution!? Der Säulenheilige des Bildungsbürgertums!? Ein Dichter, der schon zu Lebzeiten dem Establishment zuzurechnen war!? Goethe kam nicht vor. Das wagten die Lehrer nicht. So blieb mit als Pennäler Goethe erspart. Und damit auch der Ballast, der die Neugierde auf den Menschen Goethe hätte versperren können.

Bilder fangen oft an, sich aus kleinsten Bruchstücken zusammen zu setzen. Ein Bild von Gründgens als Mephisto, die Nachricht dass der Werther nicht von Plenzdorff ist, der Zauberlehrling in Zusammenhang mit der Anti - Atom Bewegung. Ein Stück " wahlverwandschaftten " im Autoradio, Zitate aus der " Italienischen Reise " in einem Journalistikseminar. Das Bild wurde dichter, die Neugier wuchs. Aber wie hing die "Farbenlehre " mit den " Götz von Berlichingen " zusammen? Und wer war Eckermann, Frau vom Stein, Christiane Vulpius? Weil mir die Auskunft von Microsoft nicht reichte, las ich zwei Goethe Biographien. Das klärte nicht nur die Zusammenhänge, sondern ließ ich mich auch ahnen, was für ein außergewöhnlicher, besonderer Mensch Goethe war.

Einer, der höher, tiefer, weiter dachte als andere. Dem es selbst in den Fesseln der Dichtkunst gelang, Dinge besser als jeder andere auf den Punkt zu bringen.

Ich begann zu ahnen, dass´, was Goethe geschaffen hat, schön ist. Aber wirklich erfahren habe ich das erst, als ich, dem Rat eines Freundes folgend, etwas von Goethe auswendig lernte. Es war der " Zauberlehrling ". " Auswendig lernen " kann man im Englischen mit " to memorize " oder " to learn by heart " übersetzen. Dass das etwas mit dem Herzen zu tun hat, habe ich bei Goethes Dichtungen erfahren. Immer wenn ich mir ein Stück Goethe angeeignet habe, fühle ich mich ein kleines bisschen reicher. Will ich die Gedanken eines besonderen Menschen teile, ihm näher bin. Ich hoffe, dass die Hörer dieser Aufnahme sich Goethe ein Stück näher fühlen.

Es würde auch Sie reicher machen.

Christoph Biemann, August 1999

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